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Wohin steu­ert Euro­pas Hafen­in­fra­struk­tur? Eine Trendumfrage.

Hafentrendradar: Übersicht

Die Zukunft von Deutsch­lands Hafen- und Ter­mi­nal­stand­or­ten steht im Fokus einer Umfrage, die Drees & Som­mer in Zusam­men­ar­beit mit der Duis­bur­ger Hafen AG (dui­sport) und der Initia­tive Logis­tik­im­mo­bi­lien (Logix) durch­führte. Die Erhe­bung fand als Online-Umfrage mit Ver­tre­tern von Häfen und Ter­mi­nal­be­trei­bern aus ganz Deutsch­land statt. Mit ihr wur­den zum einen die aktu­el­len Trend­the­men der Bran­che erho­ben, zum ande­ren konn­ten die Teil­neh­men­den für ver­schie­dene The­men­fel­der ange­ben, in wel­chem Zeit­raum sie in ihnen jeweils Hand­lungs­be­darf sehen. So ergibt sich ein Über­blick der kom­men­den Ent­wick­lun­gen und Her­aus­for­de­run­gen der Branche.

Eine dif­fe­ren­zierte Übersicht

Die Umfrage zeigt, dass es kein los­ge­lös­tes Trend­thema gibt. Viel­mehr ist es das Zusam­men­spiel von Infra­struk­tur, Digi­ta­li­sie­rung, Nach­hal­tig­keit und Flä­chen­ent­wick­lung, das die Agenda bestimmt. Auf­fäl­lig ist, dass Häfen eher kurz­fris­tige Her­aus­for­de­run­gen beto­nen, wäh­rend Ter­mi­nal­be­trei­ber lang­fris­ti­ger in die Zukunft bli­cken. Dies zeigt sich ins­be­son­dere in der zeit­li­chen Ein­ord­nung wich­ti­ger Aspekte wie der Bereit­stel­lung von Strom, Medien und Lade­infra­struk­tur. Ter­mi­nal­be­trei­ber pla­nen hier mit einem Hori­zont von 3,8 Jah­ren, Häfen hin­ge­gen nur mit 1,83 Jah­ren. Auch bei der Ent­wick­lung des E‑Commerce, inter­na­tio­na­len Alli­an­zen und der stra­te­gi­schen Sup­ply Chain zei­gen sich ähn­li­che Dis­kre­pan­zen. Ter­mi­nal­neu­bau­ten wer­den von Ter­mi­nal­be­trei­bern mit durch­schnitt­lich 7,2 Jah­ren in deut­lich fer­ne­rer Zukunft gese­hen als von Häfen (3,08 Jahre).

Hafentrendradar Diagramm: Bedeutungseinschätzung der verschiedenen Faktoren
Hafentrendradar Diagramm: Zeiteinschätzung der verschiedenen Faktoren

Aus­blick: Hand­lungs­fel­der für die Branche

Die Ergeb­nisse der Umfrage las­sen sich in vier Hand­lungs­fel­der ein­ord­nen, die die Hafen- und Ter­mi­nal­bran­che der­zeit prägen.

  1. Infra­struk­tur erhal­ten und moder­ni­sie­ren
    Die phy­si­sche Infra­struk­tur ist von ent­schei­den­der Bedeu­tung: Der Sicher­stel­lung der Schiff­bar­keit erhält von den Teil­neh­men­den im Durch­schnitt eine Rele­vanz­be­wer­tung von 8,65 (auf einer Skala von 0 bis 10). Auch die Erneue­rung bestehen­der Infra­struk­tur steht hoch im Kurs, ins­be­son­dere Ter­mi­nal­be­trei­ber geben hier mit einer Bewer­tung von 9 ein deut­li­ches Signal. Pro­jekte zur Instand­hal­tung und Ertüch­ti­gung müs­sen dem­nach nicht nur schnel­ler, son­dern auch zukunfts­ori­en­tier­ter geplant werden.

  2. Nach­hal­tig­keit stär­ken
    Neben der tech­ni­schen Infra­struk­tur gewin­nen öko­lo­gi­sche Anfor­de­run­gen rasant an Gewicht. Die Reduk­tion von Emis­sio­nen im Hafen­be­trieb und der Bedarf an land­sei­ti­ger Lade­infra­struk­tur für alter­na­tive Antriebe neh­men zu. Ebenso wich­tig ist der bewusste Umgang mit Flä­chen. So wird Flä­chen­er­wei­te­rung, ‑umwand­lung und ‑manage­ment vor allem von Hafen­ver­tre­tern eine hohe Bedeu­tung zuge­schrie­ben. Die Her­aus­for­de­rung besteht darin, knappe Hafen­flä­chen intel­li­gent zu nut­zen und dabei öko­lo­gi­sche Stan­dards zu erfüllen.

  3. Digi­ta­li­sie­rung nut­zen
    Digi­tale Zwil­linge, auto­ma­ti­sierte Pro­zesse und KI-gestützte Rou­ten­pla­nung sind essen­zi­elle Werk­zeuge zur Effi­zi­enz­stei­ge­rung. Sie ermög­li­chen vor­aus­schau­ende War­tung, mini­mie­ren Stand­zei­ten und erhö­hen die Sicher­heit des Schiffs­ver­kehrs. Die Trend­um­frage unter­streicht, dass die Bereit­schaft zur Inves­ti­tion in digi­tale Lösun­gen steigt, gleich­zei­tig fehlt es vie­ler­orts noch an struk­tu­rier­ten Ansät­zen zur Inte­gra­tion die­ser Technologien.

  4. Wan­del der Waren­ströme
    Neue Waren­ströme trans­for­mie­ren der­zeit die Hafen­lo­gis­tik. Der Rück­gang fos­si­ler Brenn­stoffe wird flan­kiert von einem star­ken Anstieg von Recy­cling­ma­te­ria­lien. Metall­schrott, Kunst­stoffe und bio­gene Rest­stoffe gewin­nen an Bedeu­tung, und damit die Not­wen­dig­keit, Häfen ent­spre­chend umzu­rüs­ten. Pro­jekte wie LOOP-Ports zei­gen, wie Kreis­lauf­wirt­schaft auf Hafen­ni­veau funk­tio­niert. Inno­va­tive Kon­zepte sind gefragt, um Infra­struk­tu­ren und Lager­flä­chen für neue Stoff­ströme auszulegen.

Zukunft gestal­ten – mit Weit­sicht und Förderung

Die Ana­lyse der Umfra­ge­er­geb­nisse mün­det in eine klare Erkennt­nis: Die Her­aus­for­de­run­gen sind kom­plex, die Mög­lich­kei­ten zur stra­te­gi­schen Neu­aus­rich­tung jedoch ebenso. Das für die Erneue­rung der deut­schen Infra­struk­tur geplante Son­der­ver­mö­gen von 500 Mrd. € könnte dabei eine Schlüs­sel­rolle spie­len. Es böte Hafen- und Ter­mi­nal­be­trei­bern eine ein­ma­lige Chance, die Trans­for­ma­tion nicht nur mit­zu­ge­hen, son­dern aktiv mitzugestalten.


Co-Autoren: Tho­ralf Krause, Glo­bal Head of Logi­stics bei Drees & Som­mer SE, und Dr. San­dra Stroh­bü­cker, Pro­ku­ris­tin und Lei­te­rin Immobilienmanagement/Infrastruktur der Duis­bur­ger Hafen AG (dui­sport), mit tech­ni­schem Sup­port von Selina Köh­ler (Drees & Som­mer SE).