Kreislaufdenken im Aufwind

Wie können Materialverbräuche und Treibhausgasemissionen in einem ressourcenintensiven Sektor wie dem Logistikimmobilienbereich wirksam reduziert werden? Der Druck, Lösungen zu finden, steigt, neben gesetzlichen und ökologischen Vorgaben nicht zuletzt durch drohende Wertverluste. Die Cradle-to-Cradle-Philosophie bietet Antworten und ist ein zukunftsweisender Ansatz für ein ressourcenschonendes Vorgehen. Ein Projekt im Ruhrgebiet zeigt als erstes deutschlandweit, wie sich dieses Konzept für eine Logistikimmobilie praktisch umsetzen lässt.
Speziell in Zeiten wachsender regulatorischer Anforderungen und schwindender Ressourcen gewinnt ein grundlegend neuer Ansatz des Wirtschaftens an Bedeutung: Das Cradle-to-Cradle-Prinzip. Von dem Chemiker Michael Braungart und dem Architekten William McDonough entwickelt, steht es für ein Kreislaufsystem, in dem Materialien kontinuierlich genutzt werden können. Anders als in der „Cradle-to-Grave“-Wirtschaft, bei der zu Beginn der Produktionskette immer neue Rohstoffe benötigt werden, die am Ende ihrer Nutzung zu Abfall werden, setzt Cradle-to-Cradle auf geschlossene Kreisläufe. Das Konzept unterscheidet dabei zwischen biologischen und technischen Kreisläufen: Verbrauchsgüter sollen biologisch abbaubar sein, Gebrauchsgüter wiederum aus trennbaren, schadstofffreien Materialien bestehen, die für neue Produkte wiederverwertet werden können. Ziel ist ein System, das nicht nur weniger schädlich ist, sondern Müll im derzeitigen Sinne gar nicht produziert.
Dringender Handlungsbedarf
Insbesondere im Bauwesen ist dieser Perspektivwechsel relevant. Der Sektor gehört zu den ressourcenintensivsten Branchen und ist für einen Großteil der Abfälle in Deutschland verantwortlich. Laut Statistischem Bundesamt machten im Jahr 2022 Bau- und Abbruchabfälle so mehr als die Hälfte des gesamten Abfallaufkommens aus. Welche Maßnahmen im Bereich von Logistikimmobilien praktisch umgesetzt werden können, um Ressourcen und Klima zu schonen, zeigt ein Beispiel in Dorsten, Nordrhein-Westfalen. Auf einem 124.000 m2 großen Brownfield hat dort der Projektentwickler Delta Development das The Levi Strauss & Co. European Distribution Center für das internationale Jeansunternehmen als erstes in Deutschland nach dem Cradle-to-Cradle-Prinzip realisiert.
Cradle-to-Cradle in der Praxis
Dies begann bereits mit den Überresten einer ehemaligen Zeche, die für die Build-to-Suit-Immobilie genutzt wurden. Recycling-Baustoffe aus vorhandenen Betonteilen fanden so für eine erforderliche Baugrundverbesserung Verwendung. Auch die Erdarbeiten konnten überwiegend mit vor Ort verfügbarem Bodenmaterial durchgeführt werden. Beim Rohbau ließ sich zudem durch vorgespannte Bauteile der Betonbedarf verringern und CO2 einsparen. Nicht zuletzt griff man für die Herstellung von Stahlbetonfertigteilen bewusst auf nahegelegene Betonwerke zurück, um Transportdistanzen und Emissionen zu verringern. Auf das Ziel einer positiven Gesamtbilanz der Treibhausgase zahlt jedoch auch der Betrieb ein: So sorgen Geothermie und eine Wärmepumpe für die klimafreundliche Wärme- und Kälteversorgung des Gebäudes. Gleichzeitig stellt eine großflächige Photovoltaik-Anlage mit einer Leistung von 3,45 MWp fossilfrei erzeugten Strom zur Verfügung, was eine Einsparung von jährlich über 1.300 Tonnen CO2 ermöglicht. Ein Battery Energy Storage System, das überschüssige Solarenergie vorhält und bei Bedarf zur Verfügung stellt, optimiert die Versorgung des Nutzers mit Grünstrom. Dass der ressourcenschonende Ansatz dabei nicht nur ökologische Vorteile bringt, zeigt sich nicht zuletzt langfristig: Die Immobilie verbleibt im Portfolio des Entwicklers und ist bereits für künftige Anforderungen gewappnet.
Autor: Edwin Meijerink, CEO Delta Development Germany
Bildrechte: Delta Development/Hans Morren